Montag, 4. August 2008

Die spinnen doch alle

Streng, klassisch oder eben phobisch betrachtet bin ich arachnophob. Ich denke mir jedoch, dass es keine Angst vor Spinnen ist, sondern Ekel. Bei mir und vielen anderen. Ich habe keine Angst gebissen oder eingespinnt zu werden, um wie ein hilfloses Würstchen im Schlafrock an einem Spinnennetz zu baumeln, um für das Sonntagsfrühstück aufbewahrt zu werden. Davon abgesehen, gibt es kein mir bekanntes Spinnennetz, sei die Spezies auch noch so exotisch, um ein durchschnittliches menschliches Körpergewicht halten zu können. Wer andere Informationen hat, möge mir bitte Bescheid geben, dann werde ich mir für den privaten Gebrauch sofort einen Flammenwerfer zulegen.

Wie bei den meisten Phobien, beginnt es mit einem Schlüsselmoment in der Kindheit, verbunden mit mangelnder Aufklärung. Meist auf Seiten der Schutzbefohlenen. In meinem Fall war das so: Ich bin etwa 8 Jahre alt und mein großes Hobby ist die Gartenarbeit. Ich liebe es zu graben, zu gießen, umzupflanzen und ich befinde an einem sonnigen Nachmittag, dass der Vorgarten meiner Großeltern dringend von Unkraut, dieser lästigen Plage, befreit werden muss. Ich schnappe mir Spaten und Harke und lege los. Ein plötzlich eintretender Harndrang läßt mich meine Arbeit unterbrechen und ins Haus gehen. Als ich zurück komme und ohne hinzuschauen nach der Harke greife, die an der Hauswand lehnt, höre ich eine für mich unbekannte Geräuschfolge: knack...flitsssssssch! Bah, was war das?? Ich schaue auf meine Hände, auf meinen Daumen. An dem klebt ein zermatschter fetter Spinnenkörper mit 8 noch strampelnden Beinen. Ich schreie, als wenn man mich aufgespießt hätte. Oma kommt angerannt, stellt sicher, dass ich mir wirklich nicht mit dem Spaten den Fuss abgetrennt habe, wäscht mir mit dem Wasser aus der Gießkanne die Leichenteile vom Daumen und erklärt mir, dass das doch gar nicht schlimm sei, ich soll nicht traurig sein, nur eine Spinne weniger. Das war eigentlich auch nicht mein Problem. Mir war bewusst, dass ich einer unansehnlichen Kreatur das Leben ausgehaucht hatte, ich konnte mir nur nicht erklären, weshalb die Beine noch lebten. Oma konnte es mir auch nicht erklären. Zumindest nicht so, dass ich es verstand. Ab da waren Spinnen für mich suspekt. Aliens sind das!

Ganz anders bei Schlangen. Ein auch gerne gehasstes Tier. Ich hingegen liebe Schlangen. Ich finde sie faszinierend. Das liegt wohl daran, dass früh genug in meiner Grundschule mal so eine Veranstaltung war, um die noch kindlichen Menschen an exotische Tiere heran zu führen und über sie Auskunft zu geben. Mein Gedächtnis daran ist nicht mehr ganz so glänzend, aber ich weiss, dass ich eine Anakonda streichelte und sie danach auch auf den Schultern trug. Viel später, im zarten Alter von 17 sollte mein neues Haustier eine Schlange sein. Meine Mutter meinte: Sie oder ich. Ich entschied mich für meine Mutter. Wenn ich nun damals im Vorgarten meiner Großeltern auf der Harke mit dem Daumen aus Versehen eine Würgeschlange zerquetscht hätte, sähe das heute gaaaanz anders aus, das könnt ihr mir glauben. Vielleicht hätte ich dann heute eine Vogelspinnen-Zucht.

In der Folge meines Lebens kamen und gingen Spinnen. Die einen weggesaugt, die anderen mit Zewa zerquetscht und in der Toilette herunter gespült. Die anderen, ganz großen Exemplare, entledigte ich mittels von mir kreischend angeforderten Mannsbildern, welche heroisch den Kampf aufnahmen. Erst seit ein paar Jahren wird mir ihre Einzigartigkeit bewusst. Wenn sie nicht wären, wäre die Menschheit und die Natur längst am enormen Insektenreichtum gescheitert und womöglich dahin gerafft. Und Spinnen sind ganz, ganz große Architekten. Existenziell wichtig für die Wissenschaft ist eine einfache Spinnwebe aufgrund ihrer Elastizität und Stärke. Ich weiß gar nicht, können wir mittlerweile synthetische Spinnweben herstellen? Wie dem auch sei, heute fange ich eine Spinne mit dem Glas, zwar angewidert, ein und setze sie nach draussen (sofern sie nicht größer als ein 2-Euro-Stück ist).

Ich habe anscheinend eine kleine Lieblingsbucht in meinem Badezimmer für diese ganz kleinen schwarzen Spinnen, die nur etwas größer als Stecknadelkopf groß sind: unten am Boden kurz über den Fließen zwischen Badewanne und Türrahmen. Immer wieder. Da kommt doch im Leben kein Insekt hin!! Ich habe auch keine Silberfische, also wovon ernährt er (diese kleinen Spinnen sind für mich immer maskulin) sich?? Was mag er denken: Lalala...kaum sitze ich hier und spinne, kommen sie von nah und fern...träller...! Mittlerweile ahne ich es: er lebt von Luft und Liebe, denn der kleine Willi (so nenne ich ihn) hat den besten Ausblick auf mich, wenn ich in und aus der Badewanne steige. Der Kleine liebt mich. Ich bin sogar ganz vorsichtig, wenn ich das Bad wische, um ihn nicht zu verletzen. Und vielleicht wird ja mal über Nacht ein knackiger Spiderman aus ihm..

Diesen ganzen Scheiß, den ich da geschrieben habe, nennt man übrigens Konfrontationstherapie ;)

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe mir auch schonmal überlegt so eine Therapie zu machen, aber gestern Abend erst wieder wurde mir klar, dass das völlig unmöglich ist, wenn ich das ganze Überleben soll!

Anonym hat gesagt…

Och... für einen Moment dachte ich tatsächlich, du redest über uns Männer... ;-)

Zitat:
"mittels [...] Mannsbildern, welche heroisch den Kampf aufnahmen. Erst seit ein paar Jahren wird mir ihre Einzigartigkeit bewusst."

Anonym hat gesagt…

Es gibt "schön reden", "schön trinken" usw. Das fällt wohl unter "schön lesen" ;))

Anonym hat gesagt…

Ich habe mit Spinnen auch so ein Problem, auch von Kindheit an. Ich weiß aber nicht, durch welches Ereignis. Kommt auf die größe dier Viecher an, ob ich es noch schaffe, mich selber von ihnen zu entledigen oder ob ich wie angestochen durch die Bude renne ;-). Muss dann ein toller Anblick sein :-)

Anonym hat gesagt…

Der Anblick ist bestimmt filmreif. Ich verstecke mich ja immer im Kleiderschrank und rufe per Handy nach Hilfe. Leider traue ich mich nicht wieder heraus, um die Angerufenen herein zu lassen. Doof ;)

Anonym hat gesagt…

@Mel:
Doof ist das überhaupt nicht. Ich kann dich da voll verstehen :-)

Anonym hat gesagt…

Oh je, wie alt bist du und in welch einer Märchenwelt lebst du? Willst du Dornröschen sein oder Pipi Langstrumpf? Und was haben Männer mit deiner Spinnenphobie zu tun

MELiert hat gesagt…

@Anonym: Lass' lieber die Finger von den Drogen.